Ich besuche meine Eltern im Ruhrgebiet da ich eh arbeitslos bin und plane schon früh im Dezember zu ihnen zu fahren und bis nach Weihnachten zu bleiben. Doch vielleicht war es noch zu früh, ich zu aufgewühlt, zu instabil und aufgekratzt. Nicht das ich nicht schon lange weiß wie Schuld meine Eltern an meinen Problemen sind, an meiner scheiß Psyche und all dem warum ich so am A bin. Doch das laufende Jahr hat diese Erkenntnisse noch einmal an die Oberfläche geholt, auch durch den Klinikaufenthalt, den Gesprächen und Therapiestunden. Jedenfall bin ich mit der Hoffnung ins Ruhrgebiet gefahren, das schon alles gut gehn wird, ich genug Freiraum bekomme und einfach viel Zeit habe das Ruhrgebiet zu genießen.
Weit gefehlt, so unendlich weit, denn da habe ich wohl meine Eltern unterschätzt. Ultrakurz zusammengefasst kann man sagen das sie mir von Tag zu Tag immer mehr auf den Sack gingen und zwar verletztend auf den Sack gingen. Es wurde immer schwerer mich zurück zu ziehen und achtsam zu sein. Schon nach einer Woche spielte ich mit dem Gedanken wieder nach Hause zu fahren und Weihnachten nicht hier zu verbringen. Meine Gewissensbisse und mein Pflichtgefühl gegenüber meiner Mama hielt mich aber noch auf.
Am 18.12 ist dann bei einem Streit zwischen meinem Vater und mir die Situation komplett eskaliert, er hat mir Vorwürfe gemacht das sein Campingwagen geklaut worden ist und hat seinen ganzen Frust auf mich abgelassen. Ich brauche nicht erwähnen dass ich natürlich nichts dafür konnte. Der Camper wurde in der Nacht gestohlen und ich war eben nachts noch joggen. Seiner Meinung nach hätte ich Nachts ja merken müssen das er schon nimmer da stand. Ich wusste aber nichtmal wo er eigentlich geparkt war.
Jedenfalls dem Heulkrampf nahe bekam ich nurnoch ihm gegenüber raus, das ich sofort fahren werde wenn er noch ein einziges weiteres Wort sagen würde. Der Streit war damit unterbrochen, doch ich war so unendlich verletzt und aufgewühlt. Ich konnte das nicht so stehen lassen. Schon lange und spätestens in der Klinik habe ich mir geschworen dass mich niemals wieder jemand so behandeln würde wie meine Eltern es früher getan haben, und niemals wieder lass ich es denen durchgehen mich zu verletzen sodass ich weinen muss.
Eine Grenze war dermaßen überschritten, dass ich entschloss am nächsten Tag zu fahren. Meine beiden Eltern mussten arbeiten. Ich stieg morgens auf, packte all meine Sachen und wartete auf heißen Kohlen, im Grunde innerlich als Wrack darauf das meine Mutter von der Arbeit kommt. Ich wusste es würde sie absolut fertig machen wenn ich so kurz vor Weihnachten fahren würde, aber ich konnte in dieser Umgebung keinen weiteren Tag bleiben, es fühlte sich alles an wie bei seinem Peiniger zu chillen. Leider kam mein Vater zuerst nach Hause und war verdutzt das ich gepackt hatte, aber gleichzeitig hat er sich auch weiter wie ein Arschloch verhalten, sah mein Verhalten zu Fahren als unmöglich an, als wäre ich die Böse. Es hieß für mich, nochmal 2 Std auszuhalten auf dem Bett im alten Kinderzimmer. Die Haare hatte ich mir in der Nacht schwarz gefärbt, mir war danach. Endlich kam meine Mutter nach Hause und den Tränen nah sagte ich ihr, dass ich fahren werde und sie solle mal ihren Mann fragen warum das so wäre. Abschiede sind ja schon so ne mistige Sache, aber zu gehn im Wissen das man gehn muss aber die andere Person verletzen zu müssen, ganz prima Gefühl.
Irgendwie hab ichs geschafft und nach 300km Autofahrt bin ich auch so langsam runter gekommen. Nach 300km monotonem autofahren mit starrem Blick in Stille, merkte ich wie ich mich ein wenig entspannte und froh war es geschafft zu haben zu gehen. Nach weiteren 250km war ich wieder daheim. Erst am 1ten Weihnachtstag hab ich wieder mit meiner Mama telefoniert.





