18.05.2018 1. Termin Gutachter Dr. N.

Unendliche Freude!

Mein persönlicher D-Day 😀

Nach über 90Tagen war es nun heute so weit, nach so viel Zeit der Ungewissheit, nach so viel Bangen und Hoffen er solle mich bitte nicht ablehnen, nach so vielen Zweifeln, strahle ich wie ein Honigkuchenpferd. 3 Monate liegen hinter mir. Ich dachte zeitweise nicht das ich es aushalte. Ich wollte aus meinem Leben fliehen, nicht mehr ich sein, nicht kämpfen müssen. Meiner Meinung nach kann man so etwas wahrscheinlich nur nachvollziehen wenn man es selbst betroffen ist. Ein Leben gelebt zu haben bis zu diesem Punkt mir so einer existenziellen Lüge, mir fehlen die Worte. Dann die Entscheidung nicht mehr so weitermachen zu wollen, doch warten zu müssen bis es ein „Fachmann“ bestätigt, als wenn er einen Hauch einer Ahnung hätte.

Seine Worte waren: „Sooo also wenn ich das richtig gelesen habe, soll am Ende nach ein paar Treffen hier mal ein positives Gutachten rauskommen, ich kann folgendes für sie tun, bei folgende Punkte müssen Sie noch tätig werden.“

Er erklärte mir, das wir uns in Abständen von 4 bis 6 Wochen sehen sollten, er mir bei diesen Gelegenheiten ein paar Fragen stellen würde und dann kommt am Ende auch das Gutachten heraus was ich mir wünsche. Ebenfall könne er mir immer als Fachmann zur Seite stehen wenn ich Fragen hätte. Was er jedoch nicht leisten könnte, ist eine begleitende Psychotherapie, oft als Alltagsbegleitung bezeichnet. Dafür fehle ihm einfach schlicht die Zeit. Er habe so viele Patienten, dass er sich nicht alleine für mich pro Sitzung 60Minuten Zeit nehmen könnte.

Es sei nun an mir, mein Team zu vergrößern, mir einen Therapeuten, Psychiater, Neurologen zu suchen, der die gebleitende Therapie mit mir macht. Leider ist es erfolderlich sich so einen Mensch anzulachen, wenn man mal später seine geschlechtsangleichende Op bewilligt bekommen will. Der MDK fragt nämlich später schlicht einfach nach, wie lange die begleitende Therapie schon durchgeführt wird.

Ich meine, es ist nicht schlecht während der Transition/ Verwandlung jemanden als Ansprechpartner zu haben, will das auch garnicht verteufeln. Aber ich für meinen Teil bin mir so sicher, ich habe nicht das Bedürfnis noch mehr Menschen immer wieder das selbe zu erzählen, noch mehr Termine in entfernten Städten wahrnehmen zu müssen.

Total glücklich erlebe ich im Anschluss einen tollen Tag in Nürnberg mit einem meiner besten Freunde. Ich laufe im Rock herum, wir feiern meinen Geburtstag nach. Wir hatten uns im Vorraus schon in Nürnberg verabredet, um mich auffangen zu können wenn der Termin nicht so ausginge wie erhofft, so aber ist alles prima, auch wenn ich ein wenig genervt bin, dass ich noch einen weiteren Therapeuten suchen muss, darauf habe ich ganz wenig Lust.

Mein nun erster Gutachter Dr. N. macht noch einen Folgetermin für August aus und sagt, ich sollte ihm doch bitte bis dahin einen Trans-Lebenslauf schreiben.

24.05.2018 – 27.07.2018 Klinikaufenthalt

Nachdem mir seit Anfang 2018 in den folgenden Monaten mein Leben immer mehr entgleitet, ich immer häufiger die Arbeit meide, krank bin, mein Psyche den Bach runter geht, ich mich hilflos fühle, einsam bin, ich mich letztlich sogar beginne selbst zu verletzen, gehe ich nach langem Zögern Nachts um 2 Uhr mit blutenden Armen in die Notaufnahme der Klinik…

Die Psychologin die Notdienst hat ist einfühlsam, einfach wie man sich das erhofft hat. Sie hat die Note 1+ verdient, fragt mich ob ich nicht dableiben möchte, es sei auch ein Bett frei. Ich bleibe dort, 9 Wochen lang.

Allein mit diesen 9Wochen meines Lebens könnte ich ein Buch füllen, möchte ich aber nicht. Seht mir nach das ich Details des Aufenthaltes nicht ausführlich beschreibe. Wichtig ist jedoch, ich lernte dort mein Lieblingspsychologin auf Station kennen, niemand zu vor in meinem Leben hat so mit mir geredet, mich so verstanden. Worte können nicht beschreiben was sie mit meinem kleinen Herzchen gemacht hat.

Ebenfalls ein sehr wichtiger und glücklicher Zufall, ich lernte während meines Aufenthaltes dort in der Klinik meinen künftigen Alltagsbegleiter/ Neurologen kennen. Er war dort nicht mein Stationsarzt, doch mein Stationsarzt hat sich ihn als Fachmann hinzugezogen. Das ich transsexuell bin habe ich von der ersten Minute an gesagt, doch das war nicht der Grund warum ich in der Klinik war. Doch mein Stationsarzt fand diesen Umstand sehr interessant und wollte, dass die Kliniknachbetreuung ein Fachmann übernimmt, der auch auf dem Gebiet „Transsexuallität“ Erfahrung hat. So hatte ich ab der Entlassung aus der Klinik meinen Alltagsbegleiter in der Tasche. Praktischerweise weiß er warum ich in der Klinik war, ebenfalls kann ich mit ihm über meinen eingeschlagenen Weg reden. Wir treffen uns von nunan etwa alle 4 Wochen.

04.07.2018 Tiefpunkt

Ich bin ganz unten angekommen, zum ersten Mal in meinem Leben denke ich über Suizid nach, wie friedlich es wäre einfach zu verbluten. Ich habe Nachmittagsausgang und gehe ins Einkaufszentrum, auf dem Weg dorthin ritze ich mich, ich hasse es zu feige zu sein tiefer zu schneiden. Auf dem Weg zurück zur Klinik muss ich mich zwingen nicht die Kontrolle zu verlieren, denn einfach an der Ampel vor ein Auto zu laufen erscheint mir ziemlich verlockend.

Zurück in der Klinik vetraue ich mich dem Engel an (meine Lieblingskrankenschwester), ein Glück hat sie heute Dienst. Ich lasse mich von ihr versorgen und wie sie halt so ist, redet sie ganz in Ruhe mit mir allein im Schwesternzimmer. Jedem anderen hätte ich kein sterbens Wort verraten. Nach dem Gespräch lasse ich mir mein Notfallmedikament geben da ich diesen Zustand nicht weiter ertragen möchte.

08.07.2018 Brainstorm Wochenende mit David

Auch wenn es die Bilder nicht vermuten lassen, ja dieses Wochenende war unendlich wichtig um einen Anfang zu bekommen was den von Dr.N. geforderten Trans-Lebenslauf angeht. Ich bin noch immer in der Klinik, hab aber am Wochenende Belastungserprobung wie es so schön heißt. David errettet mich aus der Klinik und zu Hause überlegen wir gemeinsam welche Ereignisse, welche Fakten überhaupt wichtig sein könnten für einen Lebenslauf. Im Internet findet man kaum Infos und im Grunde ist es auch nichts wo man nach einer Vorlage arbeiten sollte. Ein persönlicheres Dokument als dieses wird es wohl eher nicht geben.

Mit seiner Hilfe schaffe ich überhaupt erstmal einen Anfang. Ich behaupte man, es geht mir noch immer sehr bescheiden und ohne Hilfe hätte ich alles getan, aber sicher nicht zeitnah mit diesem Lebenslauf begonnen. Ich bin so unendlich träge, wie benebelt, hab 1000 Dinge im Kopf und doch kann ich keines davon bearbeiten oder wegschieben. Am A würde es ziemlich treffen.

Nachdem wir wirklich fleißig waren und ich jetzt die Themen mal auf Papier vor mir sehe, kann ich mir vorstellen zu jedem einzelnen auch die nächste Zeit einmal etwas zu schreiben. Danach steht natürlich Littlezeit an. Wir gehen mit unseren Babies und Kuscheltieren auf den Spielplatz und Nachts gucken wir Sterne an, trinken aus Fläschchen und haben einfach das ganze Wochenende eine gute Zeit, so wie es sich für beste Freunde gehört. Chai das dicke Tröti von David besucht mich übrigens auch wieder. Sie ist soooo groß.

22.07.2018 CSD Frankfurt

Nachts auf dem Rückweg zum Hotel, meine Füße sind nurnoch Schmerz.

Nachdem mir Jouli, eine Mitpatientin bei einer Mädels Shoppingtour im Einkaufszentrum geholfen hat das richtige Outfit und Schuhe zu finden, erlebe ich gemeinsam mit David einen spektakulären CSD in Frankfurt. Ich bin dabei zum ersten Mal komplett als Mädchen gekleidet, fühle mich großartig und vor allem als Teil einer sehr großen Familie.

Ja ich habe wirklich die ganze Zeit eine Reitgerte in der Hand gehabt, manchmal braucht mein bester Freund ein bisschen Führung und Züchtigung

27.07.2018 Entlassbrief von der Klinik

Im Arztbrief des Klinikums, steht die Diagnose F64.9 Ich muss heulend in meiner Wohnung stehen, was ein unwirklicher Moment. Ich kann es nicht richtig realisieren, aber da steht wirklich schwarz auf weiß, dass mir Fachleute meine Transsexualität abkaufen und mir glauben. Das darauffolgende Wochenende feiern ich und Sky dieses Ereignis mit ausreichend Alkohol bzw. einem Vodka-Spaziergang in die Stadt zum Sausalitos und noch mehr Alkohol.

30.07.2018 1. Termin beim Psychiater Dr. S. in der psychiatrischen Ambulanz

Gott war er kritisch, mein lieber neuer Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Sein erster Satz: „So sicher wie Sie sich sind, so unsicher bin ich mir. Ja so wollte ich begrüßt werden, ich dachte er sei Fachmann, das vermittelt er aber weder in Hinblick auf mein vergangenen Klinikaufendhaltes, noch in Sachen Transsexualität. Diese Emphatielosigkeit hat er bis zum heutigen Tage auch nicht abgelegt und führt mich sehr oft zu dem Wunsch mir ein Gartenzaun ins Gesicht hauen zu wollen.

07.08.2018 1. Termin mit Sozialpsychologin Frau F. in der psychiatrischen Ambulanz

Zur umfassenden Nachbetreuung des Klinikaufenthaltes, kann ich neben einem Psychiater, auch die Hilfe einer Sozialtherapeutin in Anspruch nehmen.

Die gute Frau, verspricht mir in unserem Gespräch das Blaue vom Himmel ,halten davon tut sie aber nichts. Sie lügt mir rückblickend einfach ins Gesicht, kommt nicht zu vereinbarten Terminen und ist der Hauptgrund, warum es über 3 Monate dauert, währenddessen ich krank geschrieben bin, bis sich mal irgendetwas in Richtung angestrebter Umschulung tut.

Bei diesem Treffen lügt sie mir offen ins Gesicht dass sie sich um die Umschulung kümmern würde, ich mir die ganzen Stress über das Arbeitsamt nicht machen bräuchte, sie kümmere sich darum diese Maßnahme direkt über die Klinik zu beantragen. Naiv wie ich war, hab ich ihr geglaubt. In gutem Glauben das Arbeitsamt nicht zu brauchen, fahre ich nach dem Termin heim.

3Monate in denen ich weitesgehend rumsaß, mit Depressionen, Niedergeschlagenheit, Langeweile und Hofflungslosigkeit zu kämpfen hab. Ich bin nicht sehr stabil während dieser Zeit, es kommt ab uns zu zu selbstverletztendem Verhalten.

Ich spreche bei diesem ersten Treffen ebenfalls mit dem Psychiater, der eben nicht nur mein Ansprechpartner in Sachen Klinikaufenthalt nachbetreuen ist, vielmehr ist von Anfang an klar, dass er zukünftig meine Alltagsbegleitung in Sachen Transsexualität machen wird. Den Termin bei der Sozialtherapeutin und ihm, nutze ich um meinen Wunsch, die Antidepressiva abzusetzen, zu äußern. Ich erhalte dazu den ärztlichen Seegen. Im Gegensatz zum späteren Absetzen des Seroquels, ist das Absetzen des Citalopran ein Kinderspiel.

09.08.2018 2. Termin bei Gutachter Dr. N.

Mein erster Gutachter sagt, ich sollte doch meine mir selbst verordnete Hormontherapie gegen den legalen Weg tauschen. Im Anschluss an unser kurzes Gespräch gibt er mir eine Überweisung zum Endokrinologen mit. Ich strahle bis über Ohren, ich schwebe.

Auf meinem Überweisungschein steht zum ersten Mal in meinem Leben die Diagnose F64.0 Transsexuallität. 😀 Das kann man nicht in Worte fassen was das für mich bedeutet. So viel Selbstzweifel, so viele Gedanken ob das was ich da als Weg eingeschlagen habe auch richtig ist oder ob ich mir selbst etwas vormache. Und dann steht da schwarz auf weiß das mir ein Arzt abkauft was ich ihm erzähle. Wowo