Kategorie: Tagebuch

Ich kann nimmer länger, ich hab mir das nun lange genug überlegt und bin zu dem Entschluss gekommen dass ich entweder irgendwann zusammenbreche, rausgeschmissen werde wegen dauernder Abwesenheit oder so etwas Dummes. Alles in mir schreit seit Wochen ich soll flüchten, habe Panik und Angst vor der Arbeit, kein Zustand den ich noch länger aushalten kann. Ich hasse mich dafür diesen Traum aufzugeben, alles ist am Arsch, mal wieder.

Ich sehe aus wie ein verkleideter Mann, manchmal weiß ich selbst nicht warum ich das tue oder woher ich den Mut nehme. Der Grund warum ich heute zu Dr.N im Rock gegangen bin ist der dass dieser Arzt, der auch nur in Schubladen denkt wie jeder andere, sieht dass ich nicht nur Tarnhosen und Hoodie kann, sondern durchaus Röcke besitze. Nur sehe ich es garnicht ein mich für einen Arztbesuch aus meiner Komfortzone herauszubewegen und mich in der Öffentlichkeit zum Idioten zu machen. Aber gut, heute wollte ich einmal seinen Geist befriedigen damit er wohlgesonnen niemals auf die Idee kommt, an meiner Diagnose könnte was falsch sein.

Bei unserem heutigen Gespräch kopiert mir Dr.N auch den Brief mit der Stellungnahme die er dem MDK Penner vor einigen Tagen gesendet hat. Richtig aufbauend und schön wie Dr.N diesen Idioten auseinander nimmt in der Beantwortung der Fragen. Dennoch glaube ich kaum das der MDK sich auch nur einen Zentimeter bewegen wird was die Bewilligung der Bartepilation angeht. Die stehen einfach im Kopf noch im Jahr 1942 und würden mich am liebsten vergast sehn.

Ich laufe anschließend zu einem Spielplatz in der Nähe, kaufe vorher Alkohol und Kirschen. Natürlich werde ich angeschaut, aber mein Gott ich weiß ja selbst wie ich aussehe und solange mich niemand anspricht, kann ich den luftigen Rock auch genießen. Ich hab Abends noch etwas vor und bin außerdem mit dem Auto in München, trinke deswegen auch nur ein Getränk und fahre am Abend nach einigem chatten heim. Obwohl ich auf dem Spielplatz/ Parkanlage ziemlich abseits sitze, können es 2 Jugendliche natürlich nicht lassen nach der Uhrzeit zu fragen, nur um einen Grund zu haben näher zu kommen um mich genauer anzuschauen. Sowas kann ich ja gebrauchen. Bin ich ein scheiß Alien? Wahrscheinlich ja.

Wenn man Stress in Gewicht beschreiben könnte, dann würde dieser Umschlag mindestens 3 Tonnen wiegen. Ich weiß nicht wann ich in meinem Leben schonmal so an etwas zu schaffen hatte. Die Unterlagen herzurichten, zu kopieren, zu sortieren, sie erstmal zu beschaffen, das alles gepaart mit Depressionen, war eine Mamutaufgabe für mich.

Gerade der Antrag auf Übernahme der Prozesskosten war umfangreicher als jeder Antrag auf Arbeitslosengeld.

Hab nach dem Termin beim Gutachter den Tag in München verbracht. Diesen Vollhorst der Psychiater sein will, muss man sich erstmal ausm Kopf trinken. Bringt mir den Alkohol. So rettete ich mir den Tag nach meinem Termin morgens.

Ganz reumütig hat mich meine Psychiaterin gemacht. Sie hat mich mehrfach eindringlich daran erinnert die Drogen, vor allem GBL und Alkohol sein zu lassen. Hatte ihr es freiwillig erzählt, dass es in letzter Zeit wieder ärger geworden sei. Unehrlichkeit hasse ich und ich bin der Meinung eine Psychiaterin sollte seinen Patienten schon kennen. Dieser mehrfache Hinweis mein Verhalten in Hinblick auf Drogen und Suchtmittelkonsum zu unterlassen hat mich schon ziemlich geschrumpft. Hab mich bisschen gefühlt wie eine 5Jährige. Ich muss zugeben, das es genau die Ebene ist auf der sie mich am ehesten erreicht.

Ich habe ihr gesagt dass ich nicht glaube, dass ich nur eine Borderliner Akzentuierung habe, wie bei dem Test 2018 herauskam. Ich bin nicht geil auf irgendwelche Diagnosen, aber im Grunde will ich das dieser Test wiederholt wird. Zudem wäre es eine Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt auf Grund dieser Diagnose eine Therapie zu beginnen.

Von dem SVV habe ich ihr auch erzählt, sie hatte es aber auch selbst schon bemerkt während des Gespräches und gefragt von wann die Wunden seien und ob ich ausreichend Impfschutz habe. Ich habe darauf verzichtet ihr zu sagen dass ich nur sterile Nadeln benutze und meine Haut vorher desinfiziere. Verurteilen tut sie SVV aber absolut nicht. Sie hat halt einfach nen Plan von ihrem Beruf. Die Ärztin ist total interessiert und fragt so viel, auch bohrt sie sehr gerne nach. Das macht die Gespräche gut aber auch anstrengend. Leider sind es nur Gespräche die wir zusammen haben, es findet keine Form von Therapie statt. Sie fragt viel und ich erzähle gerne. Heute hatte ich häufig das Problem die richtigen Worte zu finden. Sie hat Fragen zu so vielen Bereichen gestellt wie zb Familie, Kindheit, dann die aktuelle Situation, SVV. Zu diesen Themen hab ich nicht ständig alle Emotionen und Fakten parat und konnte leider nicht so antworten wie wenn ich mehr Zeit gehabt hätte um zu überlegen.

Unter anderen ging es heute auch nochmal um meine Ausbildung zum GuK in die ich nicht zurückkehren werde. In vorangegangenen Gesprächen mit meinen Freunden, meinen wahren Therapeuten, habe ich einen großen Aspekt herausfinden können, der mich daran hindert die Ausbildung weiter zu verfolgen.

Hach was eine gute Seele. Meine Endokrinologin hat sich super viel Zeit genommen, mir zugehört, mir Mut gemacht, mir ihre Unterstützung zugesichert. Sie war mehr eine Psychologin für mich heute. Haben alles durchgesprochen was die Transition angeht, was als nächstes passiert. Auch wegen der Hormonwerte die ja beim letzten Mal einfach göttlich waren. Aus diesem Grund wird sie weder das Antiandrogen auf Androcur umstellen, noch vermutet sie, dass überhaupt was geändert werden muss an meiner Dosierung.

Auch sagte sie, dass meine Gesichtszüge schon weicher geworden wären, der Umstand der großen Zeitspanne zwischen den Terminen, ließe sie das gut beurteilen. Es fällt mir genauso schwer wie eh und je ihr oder jedem anderen zu glauben. Ich sehe nix und meine Meinung ist immer noch die wichtigste. Ich lasse es euch wissen wenn ich anfange mich für anders weiblicher zu halten vom Aussehen her.

Über die Ausbildung hab ich mit ihr auch gesprochen, sie versteht das ich dafür im Moment keine Energie habe, schließlich würde ich nochmal eine neue Pubertät durchlaufen. Ich sagte ihr, dass ich manchmal aufgeben will. Sie antwortete: „Nee das machen Sie nicht, Sie schaffen das, Sie halten durch, nicht aufgeben.“ Mehrfach während des Gespräches gab es solchen leeren stillen Augenblicke in denen ich nix gesagt habe weil mir die Worte fehlten. Trotzdem hat sie diese Pausen nicht zum Anlass genommen das Gespräch zu beenden, sondern wartete geduldig ab, schaute mich an. Das hatte echt was seltenes einfühlsames. Diese Ärztin ist ein kleiner Engel.